Rhythmus als eine Organisationsform der Prosa

Article publié le 15 juillet 2021
Pour citer cet article : , « Rhythmus als eine Organisationsform der Prosa  », Rhuthmos, 15 juillet 2021 [en ligne]. https://www.rhuthmos.eu/spip.php?article2759

Ce texte a déjà paru dans S. Efimova und M. Gamper (Hrsg.), Prosa Prose : Geschichte, Poetik, Theorie, Berlin/Boston, De Gruyter, 2021. Nous remercions Michael Gamper ainsi que les éditions De Gruyter de nous avoir donné l’autorisation de le reproduire sur RHUTHMOS.


Am 13. Juli 1876 schreibt Theodor Storm an Wolfgang Petersen und reagiert in seinem Brief auf dessen Kritik an seiner Erzählung Aquis Submersus : „Ich bin sonst immer ziemlich besorgt, nicht in Versr[h]ythmus zu verfallen, und sehe die Sachen speziell darauf nach. Möglich, daß ich dieß Mal weniger vorsichtig gewesen bin. Ich werde bei der Correctur mein Augenmerk darauf richten, […].“ Einen Tag später schreibt er dann weiter : „Mit den angemerkten R[h]ythmusstellen haben Sie sehr recht ; ich ändre auch schon und gehe das Ganze darauf durch. Es wird meistens in den Gesprächen stecken. – Leider sehe ich eben, es steckt anderswo, und liegt somit noch eine böse Arbeit vor mir.“1 In der Tat änderte Storm in den Korrekturfahnen gegenüber der im April 1876 fertiggestellten Reinschrift zahlreiche Stellen vorwiegend in der Figurenrede, um eine jambische Alternation zu vermeiden. So korrigierte er, um eine Stelle aus dem Schlussteil der Erzählung willkürlich herauszugreifen, „er hat es selber mir erzählet“ in „er selbst hat es mir erzählet“.2


Was lässt sich aus diesem Sachverhalt entnehmen ? Zunächst einmal wird hier
exemplarisch die produktionsästhetische Bezogenheit des Novellenschreibers auf
die Kategorie des ‚Rhythmus‘ deutlich, die sich hier entschieden gegen eine metrische
Handhabung sprachlicher Rekursivität wendet. Storm versuchte mit einigem
Aufwand, die ihm offensichtlich unbewusst unterlaufende Angewohnheit zu unterbinden, vor allem in der Nachahmung mündlicher Rede in regelmäßige Alternation zu verfallen. Dabei wandte er sich explizit gegen den „Versr[h]ythmus“, den es beim Prosaschreiben zu vermeiden gelte. Daraus kann geschlossen werden, dass Storm rhythmische Strukturen in seinen Novellen nicht per se ausschließen wollte, sondern bloß solche, die metrischen Ursprungs sind. [...]

Suivre la vie du site RSS 2.0 | Plan du site | Espace privé | SPIP